Rose Pogonias

Rose Pogonias

A saturated meadow,
   Sun-shaped and jewel-small,
A circle scarcely wider
   Than the trees around were tall;
Where winds were quite excluded,
   And the air was stifling sweet
With the breath of many flowers, --
   A temple of the heat.

There we bowed us in the burning,
   As the sun's right worship is,
To pick where none could miss them
   A thousand orchises;
For though the grass was scattered,
   Yet every second spear
Seemed tipped with wings of color,
   That tinged the atmosphere.

We raised a simple prayer
   Before we left the spot,
That in the general mowing
   That place might be forgot;
Or if not all so favored,
   Obtain such grace of hours,
that none should mow the grass there
   While so confused with flowers.

Pogonienpflücken

Die wasserweiche Wiese,
   besonnte Pailletten-Säume,
ein Kreis, er war kaum weiter
   als hoch ringsum die Bäume;
die Winde draußen wehten,
   hier Lüfte, stickig, starr,
der Blumen süßer Atem -
   ein Tempel der Glut sie war.

Wir beugten uns dem Brennen,
   rechtes Sonnenritual,
zu pflücken, wo niemand sie misste,
   Pogonien, tausendmal;
Das Gras war mehr als spärlich
   die Halme schienen Speere,
bestückt mit bunten Flügeln,
   gefärbt die Atmosphäre.

Ein schlicht Gebet verrichtet,
   bevor wir ließen den Ort,
auf dass beim großen Mähen,
   Schnitter hier blieben fort;
doch wenn das nicht vergönnt ist,
   der Gunst der Stund' es gelänge,
dass keiner die Wiese mähte,
   solang sie Blumengemenge.

Zwei offenbar junge Menschen pflücken Blumen, gemeint sind allerdings keine Rosen, sondern eine Orchideenart, die in sumpfigen Wiesen wächst. Die letzte Strophe handelt vom Bedauern darüber, dass diese Blumenwiese demnächst gemäht werden wird. Soviel zum Inhalt.

Rose Pogonias ist eines der weniger bekannten Gedichte Frosts, er schrieb es mit 27 Jahren, als die literarischen Traditionen noch in sein Werk hineinspielten. Das ist ablesbar an der suggestiven Beschreibung des Ortes und der Umstände des Geschehens: eine kleine Lichtung, in der es wärmer ist als außerhalb, ja, es muss sogar richtig feucht-heiß sein, nach den Adjektiven zu schließen, dazu kommen die betäubenden Blütendüfte.
Durchmischt ist das mit Vokabeln aus dem religiösen Bereich: Tempel, sich beugen, Ritual, Gebet. So wird die einfache von Bäumen umgebene Wiese zum Hag, einem abgegrenzten Bezirk, wo Stille und Schönheit herrschen und die Turbulenzen des Lebens ausgeschlossen bleiben. Der Dichter lässt also im Hier und Jetzt ein Heiligtum entstehen, inmitten der Natur, wie es in früheren Epochen bei Völkern ohne Schrift üblich war. Das Gebet der letzten Strophe liest sich fast wie ein Abwehrzauber und drückt die Hoffnung aus, dass die Schnitter, die symbolisch für Tod stehen, entweder gar nicht kommen, oder zumindest so vom Anblick der Wiese bezaubert sind, dass sie es nicht wagen sie anzutasten.


I.S.

 

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